Hast du dich schon einmal gefragt:
Lebe ich wirklich so, wie ich es möchte?
Warum fällt es mir schwer, Dinge loszulassen?
Was hält mich davon ab, im Moment präsent und glücklich (oder zumindest zufrieden) zu sein?
Diese Fragen beschäftigen viele von uns, unabhängig von Alter oder Lebenssituation. Sie zeigen, wie sehr wir oft an Dingen festhalten – seien es Pläne, Vorstellungen, Besitztümer, der körperlichen Zustand oder unsere Konzepte über uns selbst und die Welt. Gleichzeitig zeigen sie, wie herausfordernd es sein kann, den ständigen Wandel des Lebens anzunehmen.
Vergänglichkeit betrifft uns alle. Sie erinnert uns daran, dass nichts für immer bleibt. Doch anstatt sie als Bedrohung zu sehen, können wir sie als Einladung begreifen: eine Einladung, bewusster zu leben, loszulassen und den Moment, d. h. unser Leben, so wie es jetzt ist, eigenverantwortlich zu gestalten.
Die dunkle, kalte Jahreszeit, die wir jetzt haben, fordert uns auf innezuhalten und nach innen zu schauen. Sie erinnert uns daran, dass das Leben zyklisch ist – dass Vergänglichkeit den Boden für neues Wachstum bereitet. Zum Ende des Jahres, kannst du dir bewusst machen, was du loslassen möchtest. Was könnte leichter werden? Was darf gehen, damit im neuen Jahr Raum für Neues entsteht? Die Weihnachtszeit ist eine Zeit der Besinnung und Neuwertung – eine Gelegenheit, mit dir selbst in Kontakt zu treten und Altes in Frieden loszulassen.
Innere Bilder und die Kunst des Loslassens
Stell dir vor, du besuchst eine Freundin, und sie zeigt dir ein wunderschönes Bild, das sie gerade gemalt hat. Sie ist sichtlich stolz darauf. Während sie von der Bedeutung und ihrem kreativen Prozess erzählt, nimmt sie das Bild plötzlich und zerreißt es in viele Stücke! Dein erster Gedanke wäre wohl: „Das ist doch verrückt!“
Das erinnert an die Kalachakra-Zeremonie der tibetischen Buddhisten. Dort wird ein aufwendig gestaltetes Sandmandala erschaffen – ein Symbol für die kosmische Ordnung. Nach seiner Fertigstellung wird es zerstört. Warum? Um die Vergänglichkeit des Lebens und die Kunst des Loslassens zu lehren.
Wir Menschen hängen oft an äußeren und inneren Bildern. Einige erfüllen uns mit Freude und schenken uns Glück, während andere – destruktive Bilder aus der Vergangenheit oder negative Überzeugungen – uns belasten. Sicher kennst du solche Momente: Du bist zufrieden und entspannt, und plötzlich taucht ein altes Bild aus deinem Unbewussten auf. Es beeinflusst deine Gedanken, Gefühle und sogar deinen Körper. Dieses Bild klebt förmlich an dir, lässt sich nicht abschütteln und zieht dich herunter.
Hier kommt die Übung des Loslassens ins Spiel – wie bei der Atemmeditation, die ich in den Kursen oft anleite: „Der Atem kommt und geht …“
Versuchst du, den Atem festzuhalten, verlierst du deine Lebenskraft. Nur durch Loslassen und Ausatmen schaffst du Raum für Neues. Alles im Leben ist im Fluss und vergänglich: Die Jahreszeiten kommen und gehen, der Tag bricht an, und die Nacht folgt. Ebbe und Flut, Anspannung und Entspannung – alles wandelt sich stetig. So wie bei dem Sandmandala der Kalachakra-Zeremonie können wir lernen, auch unsere inneren Bilder immer wieder loszulassen.
„Indem wir Vergänglichkeit annehmen, gewinnen wir Freiheit.“
Es kann eine große Stütze sein, sich immer wieder bewusst zu machen, dass unser Leben vergänglich ist. Die Erinnerung daran, dass wir alle eines Tages sterben werden, kann uns helfen, den Fokus auf das Wesentliche zu lenken und den gegenwärtigen Moment bewusster zu erleben.
Steve Jobs schrieb kurz vor seinem Tod: „Mich zu erinnern, dass ich bald tot sein werde, war für mich das wichtigste Werkzeug, das mir geholfen hat, all diese großen Entscheidungen im Leben zu treffen. Denn fast alles – alle äußeren Erwartungen, der ganze Stolz, die ganze Angst vor dem Versagen und der Scham – diese Dinge fallen einfach weg angesichts des Todes und lassen nur übrig, was wirklich wichtig ist. Sich zu erinnern, dass man sterben wird, ist der beste Weg, den ich kenne, um der Falle zu entgehen und zu glauben man hätte etwas zu verlieren. Du bist vollkommen nackt. Es gibt keinen Grund, um nicht seinen Herzen zu folgen.“
Impulse für den Alltag: Loslassen und den Moment bewusst erleben
1. Persönliche Rituale: Loslassen mit Leichtigkeit
Etabliere ein Ritual, das dir hilft, Altes loszulassen. Schreibe z. B. Gedanken oder Sorgen, die du nicht mehr brauchst, auf einen Zettel und verbrenne oder zerreiße ihn bewusst. Dieses einfache Abschiedsritual schafft Raum für Neues – innerlich und äußerlich.
2. Entschleunigung: Die Kunst des Nichtstuns
Plane regelmäßig Zeiten ein, in denen du nichts tust. Setze dich hin, atme tief durch und lass deine Gedanken kommen und gehen, ohne sie zu bewerten oder festzuhalten. Diese bewussten Pausen helfen dir, innezuhalten und den Moment klarer wahrzunehmen.
3. Dankbarkeit praktizieren: Den Fokus auf das Positive lenken
Schreibe jeden Abend drei Dinge auf, für die du an diesem Tag dankbar bist. Es können kleine Gesten, schöne Momente oder innere Erkenntnisse sein. Diese Übung stärkt deine Wertschätzung für das Leben und hilft dir, mehr Freude im Alltag zu finden.
4. Atemmeditation: Der Fluss des Lebens
Setze oder lege dich bequem hin und beobachte deinen Atem. Spüre, wie die Luft ein- und ausströmt. Mit jedem Ausatmen stell dir vor, dass du etwas loslässt, das dich belastet – Sorgen, Ängste, Erwartungen. Lass deinen Atem zum Anker für den Moment werden und finde Ruhe in dir selbst.
5. „Was würde ich tun, wenn…?“
Stelle dir einmal am Tag dieser Frage: „Was würde ich tun, wenn ich wüsste, dass meine Zeit begrenzt ist?“ Lass die Antwort intuitiv zu dir kommen und erkenne, was dir wirklich wichtig ist. Diese Übung kann dir helfen, klare Prioritäten zu setzen und bewusster zu leben.