„Es ist mir fast peinlich. Aber nach all den Jahrzehnten der Suche, nach den vielen spirituellen und psychologischen Wegen, die ich kennengelernt habe, nach all den zahlreichen großen Meistern, denen ich begegnen durfte, bin ich zu folgendem Schluss gekommen: Die machtvollste und zuträglichste Praxis ist wohl, sich selbst und dem gesamten Universum freundlich zu begegnen.“ (Aldous Huxley)
Auf das obige Zitat von Aldous Huxley bin ich vor einiger Zeit gestoßen. Ich finde es sehr schön, weil es sowohl meine eigene Erfahrung als auch die meiner Kursteilnehmenden und vielen Menschen, denen ich im Laufe meines Lebens auf dem Weg der Achtsamkeit begegnet bin, widerspiegelt.
Was bedeutet das, sich selbst und dem gesamten Universum freundlich zu begegnen?
Freundlichkeit bedeutet, offen für den Augenblick zu sein und von seinen Beurteilungen mal loszulassen. Das heißt, die Dinge die da sind zuzulassen. Dieses Zulassen meint nicht, wie manchmal falsch verstanden, die Dinge gutzuheißen und in eine gleichgültige Haltung zu kommen, sondern die Gegebenheiten und die inneren Widerstände und Anhaftungen zuerst einmal nur wahrzunehmen als das was sie sind. Nicht mehr und nicht weniger.
Was wir danach machen ist eine Entscheidung und Handlung, die nicht (oder zumindest weniger) aus meinen alten angetriggerten Geschichten und unbewussten Denk- und Verhaltensmustern entsteht.
Wenn das Zulassen richtig erfahren wird, haben wir auch das Loslassen erfahren. In dem Wort Zulassen haben wir ja das Lassen, somit ist das am Ende ein Zu-Lassen.
Für die Achtsamkeitspraxis bzw. für den Alltag, und letztendlich geht es primär darum, sind die Qualitäten der Freundlichkeit und des Mitgefühls unabdingbar. Das ist keine Gefühlsduselei und das hat auch nichts mit dem klein gedachten und bedürftigen „Ich liebe dich und du liebst mich“ zu tun, sondern ist eine radikale Offenheit und Akzeptanz für das Sein. In dem Mitgefühl haben wir sowohl die weichen Qualitäten wie Freundlichkeit, als auch die kraftvollen wie Mut, den Mut den Schwierigkeiten zu begegnen. Auch zahlreiche Studien über die Wirkung der Mitgefühlspraxis bestätigen immer wieder die förderlichen Effekte auf Körper und Geist.
Die Freundlichkeit können wir im Alltag deutlich im Körper und im Geist fühlen, das hat etwas mit Durchlässigkeit und Leichtigkeit zu tun. Wir spüren Wärme und Offenheit. Das Gegenteil ist Enge, Starre, Kälte und Härte. Zustände die wir bei Angst, Wut und anderen eher negativen Emotionen erleben. Um in die tieferen Erfahrungen der Achtsamkeitspraxis zu kommen, braucht es die Freundlichkeit und Leichtigkeit.
Wenn dies nicht vorhanden ist, wird die ganze Praxis hart und verkrampft sein. Sie wird eine tote Praxis sein und im Kopf nur starre Theorien und Ideologien entstehen lassen.
Ich habe viele Menschen kennengelernt, die umfangreiche Methoden der Persönlichkeitsentwicklung kennengelernt sowie Coachings und Therapien gemacht haben, aber leider nicht in Kontakt mit dem Wesentlichen gekommen sind. Dem Kontakt mit der Freundlichkeit zu sich selbst und den anderen. Am Ende ist das die Liebe. Keine abhängige Liebe, sondern die bedingungslose Liebe zum Leben. Es ist die Verbundenheit und die Einheit des Seins, aus dem das Urvertrauen erwächst. Wenn wir eines Tages im Sterbebett liegen, werden uns wahrscheinlich nicht die Dinge, die den Kopf angesprochen haben, berühren, sondern die, die unser Herz gefüllt haben.
Und für diejenigen, die vielleicht jetzt denken, dass die Liebe bei soviel Ungerechtigkeit und Leid in der Welt nicht immer ganz geeignet ist, möchte ich sagen: Wenn wir in Kontakt mit uns selbst und der bedingungslosen Liebe sind, können wir wesentlich kraftvoller und mächtiger auch gegen das Böse in der Welt antreten. Dann sind wir der friedvolle Krieger und die friedvolle Kriegerin, die für das Gute in der Welt kämpfen.