„Läutet die Glocken, die noch läuten können.
Vergesst eurer perfektes Opfer.
Alles hat einen Riss,
so kommt das Licht herein.“
(Leonard Cohen)
Die Erkenntnis und das Wahrnehmen, dessen, was ist, ist nicht immer auch die Lösung. Manchmal können Klärungsprozesse sehr heilsam und befreiend sein, aber nicht immer reicht das Wissen über die Zusammenhänge aus. So könnte man sagen: Das Wissen allein heilt nicht. Das gilt für gutgemeinte Ratschläge von Freunden, für verstandene Zusammenhänge, die im Coaching oder in der Psychotherapie ans Licht kommen und ebenso für die Erfahrungen auf dem spirituellen Weg. Was meist noch nötig ist, sind ein authentischer Kontakt und eine mitfühlende Beziehung zu sich selbst.
Beziehung bedeutet, den Kontakt zu sich selbst bewusst und aufrichtig aufzubauen. Alles was da ist, willkommen heißen und die Beziehung zu seinen eigenen Gefühlen und Gedanken neu entdecken und freundlich reifen und wandeln lassen.
Bei unangenehmen Gefühlen geht es im Achtsamkeitstraining primär nicht um die Frage, wie ich diese loswerden kann, sondern eher um die Frage: Kann ich damit sein? Kann ich das Gefühl zulassen und mich in diesen Prozess bewusst einlassen, um in einen authentischen Zustand der Annahme zu gelangen. Das wäre in der Konsequenz auch das Loslassen.
Erik van de Brink und Frits Koster schreiben in ihrem Buch „Mitfühlend leben“: Es ist ein Akt der Intimität mit uns selbst und mit anderen, der zu einer heilenden Verbindung führt.
Mit dem Titel dieses Achtsamkeitsbriefes deute ich auf diese heilende Verbindung hin. Mein eigener Weg führte mich über die Präsenz der Stille zur Selbsterkenntnis, und von der Selbsterkenntnis zu einer freundlichen Beziehung zu mir selbst. Dies öffnete nicht nur meine Augen, sondern auch mein Herz.
Um ganz zu sein, müssen wir das Ganze wahrnehmen. Das Ganze bedeutet, in einer radikal ehrlichen Weise sowohl das Gute als auch das Schlechte in uns zu erkennen und zuzulassen. Ein ganzer Mensch bedeutet somit, sich mit seiner Freude und seinem Leid zu verbinden und sie ganz zu fühlen. Gerne wollen wir dem Unangenehmen aus dem Weg gehen, aber langfristig wird uns das nicht zur inneren Freiheit führen. Erst wenn wir uns dem stellen und mit Mitgefühl zuwenden, wird sich die Angst zur Gelassenheit, die Wut zum Frieden und die Trauer zur Freude wandeln.
Leonard Cohen schreibt in dem obigen Zitat vom perfekten Opfer.
Ist dieses Opfer vielleicht das, was in uns perfekt sein will und das Gegenwärtige und Unperfekte ausschließt?
Ist es die Vorstellung, ein Opfer zu sein, was das Gegenwärtige und Vollkommene in uns nicht wahrnehmen und leben lassen kann?
Es gilt auf dem Weg sich immer mehr zu erkennen und sich als ganzes und vollkommenes Wesen zu erfahren. Als ein Teil dieses Universums, was wie alles in diesem eine Aufgabe hat und für diese Welt wertvoll ist.
Wo ist Dein Riss? Wo ist der Riss, durch den das Licht in Dich hineinströmen kann, damit das Unperfekte sich in seiner Unvollkommenheit ganz und vollkommen erfahren kann.
Nicht das Perfekte, sondern das Unperfekte ist das, was unsere Aufmerksamkeit und Liebe braucht. Vor lauter Angst und Suche nach dem Perfektem haben wir es vergessen und den Kontakt zu ihm verloren.
Geld, berufliche Erfolge, Titel, Besitztümer werden das Herz nicht erfüllen. Auch nicht die vielen Menschen die uns umgeben. Nur Du selbst kannst Dir das geben, was in Dir nach Anerkennung und Liebe sucht. Dazu musst Du nach innen schauen und Dich dem aufrichtig und offen widmen.
Was vergessen werden soll, ist der Glaube nach dem ewigen paradiesischen Zustand, dem perfektem Leben, der perfekten Ehe und dem perfekten Job. Wenn wir erkennen, dass das Leben und wir selbst, gerade durch das Unperfekte einzigartig, spannend und schön sind, werden wir loslassen und uns dem Fluss des Lebens anvertrauen können.
Zum Schluss noch ein Hinweis über das MBCL-Programm.
Der letzte Kurs war sowohl für mich als auch für die Teilnehmer eine besondere Erfahrung. Er bestätigte mir, dass neben der Übung der Stille und Präsenz, das Selbst-Mitgefühl ein zentrales Thema für ein zufriedenes und erfülltes Lebens ist.
Hier ein kurzes Feedback einer Teilnehmerin:
„Dem 8-wöchigen MBCL-Kurs, den ich von April bis Juni 2019 bei Renato besucht hatte, habe ich den Beinamen „Glückskurs“ gegeben. Etwa 1,5 Jahre zuvor hatte ich den MBSR-Kurs besucht, der mir zunächst half, vor allem die Eigen-Wahrnehmung zu schulen. Im MBCL-Kurs nun habe ich durch das regelmäßige Anwenden der Mantras, Meditationen und Techniken ein positives und glückliches Lebensgefühl entwickelt, das ich jederzeit abrufen kann. Das ist großartig. Verschiedene Übungen kann ich je nach Lebenslage außerdem anwenden, wenn es ein Problem zu bearbeiten gibt. Für mich war es deshalb eine perfekte Ergänzung und Erweiterung für meine Achtsamkeitspraxis.“