„Glauben – das heißt: nicht zweifeln!“
(Dag Hammarskjöld)
Kennst Du Personen, die an etwas glauben und davon sehr überzeugt sind? Sie glauben an bestimmte Werte und Ideen, an Gott, an Heilungsmethoden und politische Ideale und vieles mehr. Ihr fester Glaube daran kann beeindruckend wirken, denn er strahlt Kraft und Überzeugung aus.
Vor einiger Zeit sagte mir ein Arzt: „Ich möchte nicht glauben, ich möchte wissen.“ Das gefiel mir und erinnerte mich an den großen Psychologen Carl Gustav Jung. Er wurde einmal in einem Interview gefragt, ob er an Gott glaube. Er sagte darauf prompt: „Ich glaube nicht, ich weiß es.“ Ja, es gibt ein Wissen, was alles Wissen übersteigt. Ein nichtwissendes Wissen. Dies wird dann zu einem Glauben, der aus der Einheitserfahrung entspringt.
Manchmal ist man mit dem Glauben so stark identifiziert, dass alles, was ihm widerspricht, sowohl im Inneren als auch im Äußeren, ausgegrenzt und bekämpft wird. Die Überzeugung an etwas wie eine politische Meinung, eine Religion und was gut oder schlecht ist, wird Teil des Ich-Bewusstseins. Wenn die eigene Überzeugung, das heißt der Glaube in Frage gestellt wird, fühlt sich das Ego bedroht und reagiert mit den bekannten Überlebensmechanismen wie Kampf oder Flucht. Es ist ein Festhalten an Konzepten, Ideologien und Vorstellungen, dass das Ego nährt. Das ist Dualität, die Grenzen erschafft. Ein Du und Ich, ein Deins und Meins. Dann heißt es: Mein Land, meine Religion, mein Glaube, mein spiritueller Weg und so vieles andere, was uns ein- und ausgrenzt. Meines ist richtig, deines ist falsch. Aus diesem Denken entstehen Ängste, Hass und Neid und im Außen Krieg, Flucht und Leid. Eine transpersonale Erfahrung lässt uns erkennen, dass wir alle aus Einem entspringen und zu Einem zurückkehren. Auf irgendeine Art sind wir alle miteinander verbunden. Zu dieser Erfahrung korrespondieren die Erkenntnisse der Quantenphysik. Diese besagt, dass sowohl die materiellen als auch die geistigen Dinge nicht isoliert sind und auch nicht aus sich selbst existieren, sondern mit allem und jedem verbunden sind. Der Weg der Achtsamkeit ist somit die Erfahrung, die uns nicht über das Denken, sondern über die Ent-Identifikation von Gedanken und Konzepten zur Einheitserfahrung und Verbundenheit führt. Das ist der Übergang von einem ICH zum WIR. Ich bin der Überzeugung, dass wir an dieser Schwelle der Bewusstseinsstufe stehen. Das ist die nächste Entwicklungsebene in der Evolution und lässt sich mittlerweile in der globalen Entwicklung, im Kampf für Gerechtigkeit, Umweltschutz und Frieden erkennen.
An das Sichtbare ist es leicht zu glauben, an das was nicht sichtbar ist, schwer. Wir haben uns so viele Bilder von uns und der Welt gemacht, dass wir das Wahre und Schöne nicht mehr erkennen können. Das Wahre ist einfach, authentisch und immer da. Und dafür müssen wir nichts machen, lediglich sein, was wir von Geburt an sind: Einzigartig und vollkommen. Die Medien und die Menschen um uns mögen uns zwar suggerieren und erzählen, was wir haben müssten und wie wir sein sollten, damit wir glücklich sind. An uns aber liegt es, ob wir daran glauben wollen oder nicht. Lassen wir uns in das verzerrte Denken hineinziehen, fangen wir an uns mit anderen zu vergleichen und an uns zu zweifeln.
Musst Du perfekt sein? Musst Du schön sein? Musst Du erfolgreich sein und Dinge besitzen, die Dich glauben lassen, sie haben zu müssen, um glücklich zu sein?
Wenn Du es bist und hast, ist es gut. Wenn Du es nicht bist und hast, ist es gut. Beides ist einfach so wie es ist.
Zweifel nicht an Dir, sondern glaube an Dich und Deine Einzigartigkeit. Das, was nicht sichtbar ist, liegt in Dir. Wir haben mit unserem Verstand so viel erreicht, durch ihn uns aber auch von so vielem entfernt. Grenzen und Nationalitäten wurden errichtet, Religionen und Dogmen wurden erfunden. Wirtschaftssysteme sind auf Konkurrenzdenken und Macht getrimmt. All das ist das Werk des mit seinem Verstand identifizierten Menschen. Öfters betrachte ich einen Vogel im Freien und denke mir, wie frei er doch ist. Er streitet sich nicht mit den anderen über den Glauben an Gott, die politische Zugehörigkeit und kennt keine Grenzen. Nationalitäten sind im fremd und Reichtümer und Titel braucht er nicht. Er ist einfach er selbst und lebt ganz im Hier und Jetzt.
Ein Baby braucht nichts zu machen, damit man seine Einzigartigkeit wahrnehmen kann. Der Vogel im Freien muss keine Leistung erbringen und auch nicht die Rose im Garten.
In einem Gedicht schreibt Angelus Silesius:
„Die Rose ist ohne Warum.
Sie blühet, weil sie blühet.
Sie achtet nicht ihrer selbst,
fragt nicht, ob man sie siehet.“
Wie befreiend und wunderbar es sein kann, wenn man aus lauter Selbstachtung sich selbst vergisst und einfach ist.
Das ist die Erfahrung des Augenblicks!